Neal
Chadwick "Die
Höllenmeute von El Diablo"
amazon Kindle eBook € 2,68
Für
gut geschriebene Western bin ich durchaus zu haben. Das vorliegende
Werk wirkte auf mich wie ein ungeübter Erstlingsroman. Nach dem
Lesen recherchierte ich jedoch zum Autor und musste feststellen, dass
es sich um einen erfahrenen Vielschreiber handelt, der seit vielen
Jahren und unter einer Unzahl von Pseudonymen Trivialliteratur
produziert. Dafür war das Ergebnis eindeutig zu mager.
Vor
allem kreide ich dem Autor Unlogik beziehungsweise Unglaubwürdigkeit
an. Den Einstieg bildet ein Dialog in einer Postkutsche, die gleich
darauf überfallen werden wird, wobei alle Insassen sterben. Das
Gespräch ist nicht 19. Jahrhundert – weder Thema noch Wortwahl
sind zeitgemäß authentisch. Absurd ist, dass eine schwangere junge
Frau die beschwerliche und langwierige Reise mit der Postkutsche auf
sich genommen hat, um in Tucson einen Arzt zu konsultieren. Frauen
reisten damals nicht allein, es sei denn, sie waren Abenteurerinnen.
Schwangerschaft und die rumpelnde, holpernde Postkutsche sind eine
gefährliche Kombination. Damals war das Kinderkriegen noch eine
lebensgefährliche Angelegenheit, und man setzte sich nicht mutwillig
Gefahren aus. Man konsultierte eher eine Hebamme, ersatzweise ältere,
erfahrene Frauen aus dem Umfeld. Ärzte hatten weder das Ansehen noch
den Kenntnisstand wie heute – will sagen, in „Frauendingen“
waren sie ziemlich unbedarft; zumindest war ihr Image so.
Dem
Sheriff des Städtchens Jefferson, John Read, wird der Überfall
gemeldet und er trommelt einige Männer zusammen, um die Banditen zu
verfolgen. Zuerst suchen sie aber den Farmer Bill Coburn auf, dessen
Frau in der Postkutsche war. So verschenken sie wertvolle Zeit, denn
die Raubmörder sind auf dem Weg nach Mexiko, wo der Arm des
US-Gesetzes sie nicht mehr erreichen kann. Die Rächer erreichen zwar
trotzdem das Lager der Outlaws, aber der Kopf der Bande, „El
Diablo“, entkommt. (Kein Wunder, denn statt des obligatorischen
Entwaffnens und Fesselns diskutiert der Sheriff erst einmal eine
Runde mit dem Anführer). Read und Coburn verfolgen ihn bis Mexiko, während die
anderen Männer die Gefangenen nach Jefferson bringen und sich
(endlich!) um die Toten des Überfalls kümmern sollen.
Hier
möchte ich einschieben, dass der Sheriff nicht wert ist, seinen
Stern zu tragen, und ihn auch von Rechts wegen verlieren müsste,
denn er hat für Ordnung in seinem County zu sorgen und nicht durch
die Weltgeschichte zu reiten.
Sehr
hübsch, aber reittechnisch unmöglich, die Szene, wie der Bandido
entkommt: „El Diablo war ein hervorragender Reiter. Selbst ohne
Sattel. Er ließ sich seitlich an dem Tier herabhängen und benutzte
es als Deckung. Gleichzeitig gab er dem Tier die Sporen.“
Möglicherweise hat dieser Supergangster, wie ein Gecko, Haftlamellen
an den Füßen? Oder klebt er sich mit Geduld und Spucke an den
glatten, galoppierenden Pferdekörper? Solche Schnitzer findet man an
mehreren Stellen. Verwundete reiten fröhlich tagelang durch die Gegend, als
gäbe es keinen Wundbrand. Die Guten werden im Bleiregen nicht nass,
während sie selbst pro Schuss einen Mann töten etc., etc. Dem Autor
scheint das Unrealistische seiner Ausgeburt wurscht zu sein.
Abgesehen
von den inhaltlichen Mängeln ist „Höllenmeute“ anschaulich,
bildhaft und spannend geschrieben. Die Grammatik ist makellos, einige
wenige Ungeschicklichkeiten in Wortwahl und Orthografie kann man
nachsehen. Aufgefallen ist mir noch, dass recht häufig, und ohne
dass es dem Text geschuldet wäre, Absätze nur aus einem
halbzeiligen Satz bestehen. Trotzdem hat es der Autor nur auf
geschätzte 89 Seiten gebracht (Angabe von amazon.de) – halb soviel
wie ein durchschnittliches Romanheft. Und die haben zudem in der
Regel eine bessere Qualität.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen