"Ausgehandelt" von Andreas Adlon
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Es handelt sich hier um einen Debütroman, und ich war bereit, dem Autor einiges zugute zu halten.
Der Anfang ist in Ordnung, und es könnte tatsächlich, wie ausgewiesen, ein Wallstreet-Thriller werden. Dann jedoch wird es immer enttäuschender, und zeitweilig war ich regelrecht erbost, dass man mir zumutet, so etwas zu lesen. Der Schluss ist wiederum brauchbar, wenn es auch zeitweise so von Banking-Fachausdrücken wimmelt, dass ein Laie nichts mehr verstehen kann. Dazwischen ist sehr wenig, und ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich um eine Kurzgeschichte handelt, die auf Romanlänge ausgewalzt wurde.
Das
Buch hat den löblichen Ansatz, den New Yorker Börsencrash im Mai
2010 belletristisch zu verarbeiten und zu erklären. Es kam damals
binnen Minuten zu einem dramatischen Kurssturz – ausgelöst durch
eine einzige „abnorme“ Transaktion einer eher konservativen
Brokerfirma. Da im Computerhandel Verkaufsorders automatisch
ausgelöst werden können, wenn der Kurs unter eine bestimmte Marke
fällt, kam es zu einer regelrechten Schockwelle.
Der
Investmentbanker Thomas wird telefonisch erpresst, eine bestimmte
Order auszuführen. Nur er, der Chefhändler der Brokerfirma, kann
eine so enorme Transaktion abschicken. Die Anrufer behaupten, seine
Frau Emma entführt zu haben und wollen sie töten, wenn er nicht sofort
handelt. Thomas tut, was vom ihm verlangt wird. Damit ist seine
glänzende Karriere als deutscher Broker in New York beendet – er
wird sofort suspendiert.
Wenig später bekommt er die telefonische
Anweisung, nach Mexiko zu fliegen, und hofft, dort seine Frau zu
finden. Angekommen, wird er von den Ganoven festgesetzt und zu
weiteren Kursmanipulationen gezwungen. Es folgen halbherzige und
naive Versuche, die Entführung mit Hilfe eines Privatdetektivs (den
er aus LA kommen lässt, denn in NYC gibt’s wohl keine) und eines
Star-Hackers (eine Art Superagent, der James Bond locker schlägt -
alles vom heimischen Computer aus) aufzuklären. Thomas' Frau und
Tochter sind inzwischen wieder in Deutschland bei ihren Eltern, und
Thomas lässt sich so richtig schön gehen. Alkoholkonsum wird seine
Hauptbeschäftigung.
Mit drei Szenen möchte ich nun belegen, wie unprofessionell und schlecht
durchdacht der Plot daherkommt. Emma ist eine Topjournalistin, wird
vom Autor jedoch behandelt wie ein Dummchen, das nichts außer
Shopping und Gewäsch mit der Freundin im Sinn hat.
Szene 1: Emmas
Kollege will Thomas bei seiner Recherche helfen. Der
Gringo-Journalist und der deutsche Banker, die voll geheim
investigativ unterwegs sind, treffen sich in Mexiko total unauffällig
in einem Café, das sonst nur von Einheimischen besucht wird.
Szene
2: Thomas wird des Mordes an einem ehemaligen Mitarbeiter angeklagt,
obwohl er ein handfestes Alibi mit Dutzenden von Zeugen hat. Er war
nämlich zur Tatzeit beim Zocken in Atlantik City, was der Autor
scheinbar völlig vergessen hat, denn er erwähnt es nicht. Tatwaffe,
Drogen und viel Bargeld werden schön beieinander in Thomas'
Kleiderschrank gefunden, da nicht stutzig zu werden, so dumm ist
nicht einmal ein Polizistenwitz-Polizist.
Szene 3: Er erzählt einer unbekannten osteuropäischen Hure, deren Stammkunden (Gangster!) er ausbaldowern will, seine Pläne und gibt ihr seinen Namen + Adresse.
Szene 3: Er erzählt einer unbekannten osteuropäischen Hure, deren Stammkunden (Gangster!) er ausbaldowern will, seine Pläne und gibt ihr seinen Namen + Adresse.
„Ausgehandelt“
ist spannend, aber insgesamt ein schwaches Machwerk. Der Plot ist mager und nicht schlüssig.
Mit allen möglichen Einschüben, die nichts mit der Handlung zu tun
haben und die den Leser nicht interessieren, wird dreiste
Seitenschinderei betrieben. Die Dialoge sind realitätsfern, schal und nichtssagend. Die
Gedanken- und Gefühlswelt der Figuren ist nicht nachvollziehbar.
Thomas, der seine Tochter überschwänglich lieben soll und seine
Frau so lala, verschwendet über weite Passagen keinen Gedanken an
seine Angehörigen. Die Mails seiner Frau sind für ihn wie Spam.
Naturgemäß versteht der Autor nichts von Frauenfreundschaften,
beschreibt sie aber detailliert, übrigens völlig ohne Bezug zur
Handlung. Thomas' Vater, zu dem er ein sehr gutes Verhältnis hat und
auf dessen Rat er viel gibt, wird nach Monaten mal eben über die
Situation informiert. Wenn Thomas' Mutter sich Sorgen macht und -
angesichts der Konfrontation mit den skrupellosen internationalen
Verbrechern – nach seinen weiteren Plänen fragt, ist das
„Einmischung“. etc., etc.
Die
Schreibe von Andreas Adlon ist ungelenk, das Buch wimmelt von
sachlichen, logischen, orthografischen und grammatischen Schnitzern.
Gründlich überarbeitet, hätte etwas daraus werden können, aber es
wurde viel zu früh auf den Markt geworfen. Solche Werke begründen
den schlechten Ruf der Indie-Autoren, was eine schreiende
Ungerechtigkeit gegenüber den sorgfältig arbeitenden Kollegen ist.
*schluck* Das ist vernichtend. Ich habe es auf dem Reader und muss es noch lesen. Ich bin gespannt.
AntwortenLöschenLeider erfährt man nicht, wer die Rezensentin ist. Eine einfache Leseratte, eine Lektorin, Autorin, was auch immer.
AntwortenLöschenDie Rezesion an sich, okay, aber etwas weit hergeholt: "Naturgemäß versteht der Autor nichts von Frauenfreundschaften," Woher will die Rezensentin derartiges wissen? Woher weiß die Rezensentin, wie Frauenfreundschaften ablaufen? Laufen alle Frauenfreundschaften gleich ab? Ich BIN eine Frau, keine meiner Freundschaften zu Frauen ist gleich und keine davon ist eine "typische" Frauenfreundschaft.
"Wenn Thomas' Mutter sich Sorgen macht und [...]nach seinen weiteren Plänen fragt, ist das „Einmischung“." - Und wo ist hier das Problem? Dieses Phänomen wiederum kann man tagtäglich in Familien beobachten, dass die Sorge der Mutter als Einmischung verstanden wird.
Hier erscheint mir eher die Rezensentin weltfremd bzw. etwas unsachlich zu rezensieren.
Nichts gegen Kritik, die ist notwendig und sicherlich berechtigt, das hier erscheint aber persönliche Abrechnung zu sein.
Sehr schade und unverdient für jeden Autoren.
Hm, ich ahbe das Buch auch gelesen (ist bei Amazon ganz gut gelistet und da habe ich es beim Stöbern gefunden).
AntwortenLöschenIch kann mich der meinung der Rezensentin ehrlich gesagt überhaupt nicht snschließn. Mir hat "Ausgehandelt" ausnehmend gut gefallen.
Ich fand weder die Figuren, noch die Handlung unglaubwürdig und von fachbegriffen wird man auch nicht erschlagen.
Vielleicht ahbe ich als Mann eine andere Sicht auf die Dinge, aber selbst wenn dem so ist: Eine so vernichtende Kritik ist keinesfalls angebracht.
Ich habe da Buch jedenfalls einigen Freunden und Bekannten weiterempfohlen und zwei davon haben es miuttlerweise auch schon gelesen und fanden es gut.